Verkehrsunternehmen setzen auf flexible Mobilität
Kooperationen mit On-Demand-Taxis, Bikesharing und E-Scootern
In der Pandemie hat sich die Mobilität zahlreicher Menschen verändert. Viele sind seit Beginn der Coronakrise öfter zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem Auto unterwegs. Diverse Verkehrsunternehmen haben auf diese Entwicklung reagiert und ihr Mobilitätsangebot flexibler gestaltet und ausgeweitet. Im Folgenden ein paar Beispiele.
On-Demand: Verkehr auf Abruf
Vom eigenen Auto auf den öffentlichen Nahverkehr umsteigen – das soll in Zukunft attraktiver werden, und zwar mit On-Demand-Verkehren. Viele Verkehrsunternehmen setzen schon jetzt auf Kleinbusse, die Straßenbahnen und Linienbusse sinnvoll ergänzen.
Der Name ist bei dieser Form der Mobilität Programm. Denn „on demand“ bedeutet übersetzt „auf Nachfrage“, also gemäß der Wünsche der Kund*innen. Diese werden an einem individuellen Startpunkt abgeholt und am Wunschziel abgesetzt. Festgelegte Routen gibt es dabei keine, auch keine Fahrpläne im klassischen Sinne. Fahrgäste sind dabei auch nicht ausschließlich allein unterwegs. Mitfahrer*innen, die das gleiche oder ein nahegelegenes Ziel haben, können einsteigen oder auf dem Weg hinzusteigen. Das Prinzip des On-Demand-Verkehrs ist für Großstädte interessant, aber auch für ländliche Regionen, wo die Taktung des Linienverkehrs in der Regel geringer ausfällt.
Revierflitzer® in Oberhausen
Zum Beispiel bei den Stadtwerken Oberhausen, kurz STOAG. Im Rahmen einer Kooperation mit ViaVan ist hier ergänzend zu Bus und Bahn ab 21 Uhr der Revierflitzer® im ganzen Stadtgebiet unterwegs – unter der Woche bis 2 Uhr, von Freitag auf Samstag bis 6 Uhr und in der Nacht von Samstag auf Sonntag bis 9 Uhr. Bei den Fahrzeugen im Stil der Londoner Taxis handelt es sich um klimafreundliche Elektroautos.
Und wie funktioniert das Ganze? Wer in Oberhausen das On-Demand-Angebot nutzen möchte, kann den Revierflitzer über die gleichnamige App bestellen. Rund 4.000 virtuelle Haltestellen gibt es, sodass die Fußwege vom Start- zum Abfahrtspunkt sowie vom Ankunfts- zum Zielort kurz sind. Über die App kann der On-Demand-Dienst auch bezahlt werden. Abonnent *innen des ÖPNV erhalten dabei einen Rabatt. Dieser wächst, sobald mehrere Personen mitfahren oder dazu steigen.
Übrigens: In Zeiten von Corona gelten natürlich auch hier Sicherheitsmaßnahmen. Dazu gehören neben der Maskenpflicht auch die Vorkehrung, dass immer ein Platz zwischen den Fahrgästen frei bleibt.
Das On-Demand-Angebot ist in Oberhausen seit über einem Jahr im Einsatz und wird insgesamt gut angenommen. Seitdem die Inzidenzwerte sinken, Gastronomie und Kulturstätten wieder öffnen dürfen und auch private Treffen stärker möglich sind, steigt die Auslastung der Revierflitzer® wöchentlich. „Auch die Anzahl der Neuanmeldungen ist erneut gestiegen“, freut sich STOAG-Sprecherin Sabine Müller Ende Juni. „Seit zwei Wochen haben wir die Anzahl der Kundinnen und Kunden, die wir pro Fahrt mitnehmen, von drei auf vier erhöht. Dadurch können wir jetzt auch zwei Paare mitnehmen und damit perspektivisch den Pooling-Faktor erhöhen.“
Mit dem VAG_Rad durch Nürnberg
Wer mit durch das Stadtgebiet in Nürnberg flexibel und individuell unterwegs sein möchte, für den ist das VAG_Rad genau das Richtige. Die Leihräder der Verkehrs-Aktiengesellschaft Nürnberg sind für Pendler*innen ein spannendes Angebot und stellen für Besucher*innen eine gute Möglichkeit, um die Stadt mit ihren Sehenswürdigkeiten wie die Historische Meile zu erkunden.
Mit ihrer nextbike-Kooperation bietet die VAG Menschen in Nürnberg damit eine weitere umweltfreundliche Möglichkeit der Mobilität an. Kundinnen und Kunden stehen 1.500 Leihfahrräder an 38 Standorten zur Verfügung.
Alles was erforderlich ist, um das Angebot in Anspruch zu nehmen, ist eine Anmeldung über die App NürnbergMOBIL. Abgerechnet wird im Minuten-Takt. Eine Minute kostet 0,05 Euro. Nach 200 Minuten wird der Tagessatz von 10 Euro berechnet.
Abonnent*innen können die Räder auch mit ihrem eTicket ausleihen – und genießen darüber hinaus günstige Konditionen. Denn: Sie erhalten nach der Registrierung monatlich 600 Freiminuten, die flexibel verbraucht werden können.
Vorstandsvorsitzende der VAG Josef Hasler erklärt den Wert des Verleihsystems für ein mobiles Nürnberg wie folgt: „Wir reagieren damit auf die Zeichen der Zeit. In Zeiten von Klimawandel (…) werden attraktive Angebote und intelligente Lösungen in Sachen Mobilität immer wichtiger. VAG_Rad ist für uns ein Teil der Lösungen. Genauso wie moderne Busse und Bahnen.“
Mehr Flexibilität durch E-Scooter
Mobilität kann auch mithilfe von E-Scootern flexibel gestaltet werden. Die Elektroroller sind ein neues Angebot auf dem Mobilitätsmarkt und können den öffentlichen Nahverkehr ergänzen. Viele Städte versuchen Regulierungen zu finden, um eine sinnvolle Integration in die Alltagsmobilität zu gewährleisten. Während meisten Strecken mit Bus und Bahn zurückgelegt werden können, sind E-Scooter vor allem für kürzere Wege geeignet – etwa für Wege zu Bushaltestellen oder Bahnstationen.
Dieses Potenzial haben auch bereits zahlreiche Verkehrsunternehmen erkannt – zum Beispiel der Karlsruher Verkehrsverbund. Der KVV hat sich mit der moovel Group GmbH (demnächst REACH NOW) zusammengetan und E-Scooter des Anbieters TIER in die App KVV.mobil integriert. Das bedeutet konkret: ÖPNV-Nutzer*innen können im Stadtgebiet von Karlsruhe E-Scooter über die App buchen und bezahlen.
Der KVV erweitert damit sein Mobilitätsangebot: E-Scooter seien eine Ergänzung zum klassischen ÖPNV, heißt es vor Ort. KVV.mobil bildet bereits mehrere Mobilitätsdienste in einer App ab. Das sind, neben den Elektrorollern von TIER, der Carsharing-Anbieter Stadtmobil, der Bikesharing-Dienst Nextbike sowie der On-Demand-Service MyShuttle. Damit stellt der Verkehrsverbund seinen Kund*innen ein breites Portfolio zur Verfügung, aus dem sie für eine nahtlose Fortbewegung von Tür zu Tür auswählen können.
Wie stark die Synergien von Nahverkehr und Elektromobilität sein können, hat sich im Rahmen eines Pilotprojekts zwischen der DB S-Bahn Stuttgart, dem E-Scooter-Verleiher VOI und der DB Tochter Mobimeo gezeigt. In Stuttgart wurden dafür ein kombiniertes Buchungssystem sowie mehrere E-Scooter-Parkstationen am Pendlerbahnhof Bad Cannstatt eingerichtet. Das Ergebnis: Die S-Bahn-Ticketverkäufe stiegen um 35 Prozent und die E-Scooter-Nutzung um 250 Prozent. Im Zuge des Projekts konnte also festgestellt werden, dass sich beide Verkehrsangebote gut ergänzen und eine effiziente Alternative zum Auto schaffen können.
New Mobility Projekte im Überblick
Der öffentliche Nahverkehr wächst im Sinne des Klimaschutzes und der Verkehrswende weiter, dazu gehört auch die Integration zusätzlicher umweltfreundlicher Angebote. Viele Verkehrsunternehmen setzen im ÖPNV auf ergänzende Mobilitätsangebote.
Ingo Wortmann, Präsident des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), erklärt hierzu: „Wir brauchen mehr Effizienz: Fläche, Ressourcen, Energie und Lebenszeit müssen effizienter genutzt werden. Dies sind die gemeinsamen Vorteile von Bussen und Bahnen, Carsharing, Ridepooling, Bikesharing und Mikromobilität. Deshalb sollten wir dies auch gemeinsam in enger Partnerschaft zwischen Kommunen und Mobilitätsanbietern vorantreiben.“ Einen Überblick über Kooperationen mit anderen Mobilitätsanbietern gibt der Branchenverband auf seiner Webseite.