Gutachten für die Verkehrspolitik in der Coronakrise
Perspektiven für Bus und Bahn
Welche Rückschlüsse ziehen wir für den öffentlichen Nahverkehr der Zukunft? Diese Frage rückt der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur in den Fokus. Das Gutachten mit dem Titel „Folgerungen für die zukünftige Verkehrspolitik nach den Erfahrungen und dem Umgang mit der Covid-19-Pandemie“ wirft einen Blick auf langfristige Entwicklungen und aktuelle Handlungserfordernisse.
Die Auswirkungen der Covid‐19‐Pandemie sind überall in der
Gesellschaft zu spüren. Das gilt auch für den Verkehrssektor.
Aber wie geht es weiter nach der Coronakrise? Der
wissenschaftliche Beirat beim Bundesminister für Verkehr und
digitale Infrastruktur hat in einem im November 2020
vorgestellten
Gutachten
eine Reihe von Fragen nach den langfristigen Auswirkungen der
Pandemie auf den gesamten Verkehrssektor gestellt – und
beantwortet.
Das 15-köpfige Expertengremium unter der Leitung von Professor
Dr. Kay Mitusch will damit einen Dialog über die zukünftige
Verkehrspolitik anregen. Der Vorsitzende des
Wissenschaftlichen Beirats erklärt: „Mit unseren
Stellungnahmen zu den Themen Corona und Verkehrspolitik,
Stadtverkehr der Zukunft und effizienter Schienengüterverkehr
treffen wir die aktuelle Tagespolitik, lenken aber bewusst den
Blick insbesondere auf die langfristigen Entwicklungen und
Handlungserfordernisse. Gerne beraten wir das Ministerium aus
wissenschaftlicher Sicht und freuen uns auf einen intensiven
Dialog zu den Stellungnahmen.“
Die Corona-Pandemie hat unser aller Leben von Grund auf verändert. Statt ins Büro, geht’s morgens an den Küchentisch zur Arbeit. Der Wocheneinkauf wird online bestellt. Mobilität, Arbeitswelt und Konsumverhalten verändern sich – in manchen Fällen dauerhaft. Auch die Politik muss sich neue Fragen stellen: Wie kann der ÖPNV in Zukunft funktionieren? Wie sichern wir Lieferketten? Welche digitalen Innovationen müssen wir vorantreiben? Umso mehr freut mich das Gutachten, das der Wissenschaftliche Beirat heute vorgelegt hat. Es zeigt: Wir sind auf dem richtigen Weg – z.B. mit der konsequenten Durchsetzung der Maskenpflicht in Zügen und Bussen, der bundesweiten #BesserWeiter-Kampagne zur Stärkung des Vertrauens in den öffentlichen Nahverkehr, dem Sofortprogramm Duschcontainer für Lkw-Fahrer oder auch der Entwicklung eines Pandemie- und Notfallplans für den europäischen Güterverkehr während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Zugleich gibt uns das Gutachten wertvolle Anregungen für weitere Maßnahmen. Dafür danke ich den Experten sehr.
Andreas Scheuer, Bundesverkehrsminister
Langfristige Krisen-Resilienz im ÖPNV entwickeln
Die Gutachter haben mögliche Impulse für den gesamten Verkehrssektor beschrieben. Ein Schwerpunkt ihrer Fragestellungen und Handlungsempfehlungen liegt dabei auf dem öffentlichen Verkehr mit Bus und Bahn. Die Aufgabe, angesichts der Corona-Pandemie ein möglichst infektionssicheres Angebot umzusetzen, haben die Verkehrsunternehmen erfolgreich gelöst. Mit Blick auf die verminderten Fahrgastzahlen – überall fehlt es an Fahrtanlässen wie Freizeitfahrten, Tourismus, Konzerte oder Sportveranstaltungen – gelte es nun, das allgemeine Vertrauen in öffentliche Busse und Bahnen wieder zu stabilisieren. Die bundesweite Kampagne #BesserWeiter gebe dazu – so auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer – die richtigen Impulse: Sie klärt über das geringe Ansteckungsrisiko in Bus und Bahn auf – und wirbt mit Prominenten um Wiedereinsteiger*innen. Der ÖPNV brauche allerdings eine langfristige Krisen-Resilienz. Vor diesem Hintergrund müsse die Verkehrspolitik neue Fragen stellen – und beantworten.
Das Vertrauen der Fahrgäste nachhaltig stärken
Dazu gehört als übergreifende Frage, ob das derzeitig
veränderte Mobilitätsverhalten ein langfristiges Umdenken, zum
Beispiel bei der Nutzung von Fahrrädern statt Autos,
hervorrufen kann. Für den ÖPNV ergibt sich daraus eine
zentrale Aufgabenstellung: Wie lässt sich das gewünschte
Grundangebot mit verminderter Fahrgastzahl über einen längeren
Zeitraum aufrechterhalten? Verkehrsunternehmen und Kommunen
müssen hier geeignete Szenarien entwickeln. Eine wichtige
Grundlage dafür – auch mit Blick auf andere Erkrankungen als
Covid-19 – sind gezielte Untersuchungen und Studien zu
möglichen Infektionswegen in den Fahrzeugen und Anlagen des
ÖPNV. Geprüft werden müsse etwa der Einfluss von Klimaanlagen,
Materialien, Sitzabständen und Verhaltensregeln für ein
infektionssicheres Angebot.
Alle bisherigen Studien kommen zu dem Ergebnis, dass
regelgerechte Fahrten in Bus und Bahn unbedenklich sind.
Nicht zuletzt empfehlen die Gutachter die Entwicklung
geeigneter Systeme, um Fahrgäste über die Auslastung von
Bussen und Bahnen zu informieren. Eine langfristige
Widerstandsfähigkeit bei Krisen erfordert ein nachhaltig
gestärktes Vertrauen der Fahrgäste in den öffentlichen
Personenverkehr. Die Verkehrsunternehmen konnten durch
umfangreichen Hygiene-Maßnahmen im Verlauf der Pandemie
bereits
ein hohes Vertrauen in Busse und Bahnen schaffen.