Alter Mann im Bus: Vier Jahre im ÖPNV durch Deutschland
Interview mit Bernhard Weiland
Im Rahmen des Deutschland Abo-Upgrades hatten viele Abonnent*innen im öffentlichen Nahverkehr die Möglichkeit, kostenfrei mit Bus und Bahn durch Deutschland zu reisen. Einer, der sich damit bestens auskennt, ist Bernhard Weiland. In seinem Buch „Alter Mann im Bus“ beschreibt der Autor, wie er vier Jahre lang durch Deutschland mit dem ÖPNV gereist ist. Wie das war? Genau darüber haben wir mit dem Hannoveraner gesprochen.
Herr Weiland, in Ihrem Buch „Alter Mann im Bus“ beschreiben Sie, wie Sie von 2016 bis 2020, also vier Jahre lang, durch Deutschland mit dem ÖPNV gereist sind. 15 Etappen. 2.900 Kilometer. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?
Seit 2011 – dem Jahr, in dem die Freizeitphase meiner Altersteilzeit begann – bin ich immer mal wieder mit einer „verrückten“ Reiseidee unterwegs. Natürlich, weil ich die Zeit und die Möglichkeit habe. Die Diskussion um die Umweltverträglichkeit des Reisens allgemein hat auch dazu beigetragen. Und so konnte ich „wirkliches Reisen“ in verschiedenen Formen – auch ungewöhnlichen – ausprobieren.
Der Beginn war meine Reise mit dem Liegerad von Hannover in die marokkanische Sahara. Dann ging ich zu Fuß – wandern wäre hier im Nachhinein der falsche Begriff – ohne Kartenmaterial nach Bad Muskau. Es folgte die Reise im ÖPNV, die ja ein gerade in der Zeit aufkommendes gesellschaftliches Thema betraf.
Welche Orte haben Sie besucht? Wie haben Sie Ihre Wahl hinsichtlich Ihrer ÖPNV-Reise getroffen?
Von der Millionenmetropole bis zum 44-Einwohnerinnen-Dorf. Ich hatte bei der Reiseplanung vorab Familie, Nachbarn, Freunde und ehemalige Kolleginnen gefragt, wohin ich in Deutschland mal fahren solle. Daraus ergaben sich die Routen.
Was für Highlights haben Sie während Ihrer Reise erlebt?
Dazu gehört unter anderem der 1.000-m-Aufstieg zum Funtensee. Als „Flachlandtiroler“ in Hannover bereitete ich mich darauf vor, indem ich mehrfach ein 14-stöckiges Unihochhaus per Treppe „bestieg“.
Gab es Schwierigkeiten?
Das größte Hindernis für meine ungewöhnliche Reise – die ja nicht Alltag für die große Mehrheit der ÖPNV-Nutzerinnen ist – waren die vielen kleinen „ÖPNV-Fürstentümer“ mit unterschiedlichen Tarifen.
Welches Fazit ziehen Sie nach Ihrer Reise durch Deutschland im öffentlichen Nahverkehr?
Ich habe alle Verbindungen erreicht und war überrascht über die Pünktlichkeit. Nur einmal verpasste ich einen Anschluss, da ich übersehen hatte, dass ich einen Rufbus bestellen musste. Im Taxi erreichte ich den folgenden Anschluss.
War die ÖPNV-Reise für Sie eine positive Erfahrung?
In jeder Hinsicht.
Würden Sie es anderen empfehlen?
Ja – und zwar denjenigen, die es lieben, zu reisen und offen und neugierig durch die Welt gehen. Und denjenigen, die warten können und gerne aus Busfenstern gucken.
Was halten Sie vom Deutschland Abo-Upgrade?
Super! Das Ganze geht natürlich nicht ständig kostenfrei, aber als Aktion beispielhaft in ihrer (relativen) Unkompliziertheit.
Waren Sie selbst auch im Rahmen der Aktion unterwegs?
Ja, meine Frau hat ein Nahverkehrs-Abo. Sie arbeitet noch, ich bin schon lange Rentner. Ich begleitete sie als Selbstzahler. Sie nutzte die Möglichkeit, mit mir nach Hamburg in das Schuhgeschäft eines mallorquinischen Labels zu fahren. Drei Paar Schuhe waren das Ergebnis – alle für mich. (lacht)
Seit über 20 Jahren verzichten Sie schon aufs Auto – vermissen Sie es? Haben Sie es auf Ihrer Reise vermisst?
Nein, überhaupt nicht. Wir haben als Mitglieder – wenn wir wollten – Zugriff auf Teilautos bei Stadtmobil Hannover. Ich glaube, ich habe das letzte Mal vor vier oder fünf Jahren einen PKW gebucht.
Wie sieht Ihrer Meinung nach die Mobilität der Zukunft aus?
Puh! Meiner Meinung nach: Unkomplizierter, was Tarife und Buchung betrifft. Ökonomischer, was die Steuerung der Fahrzeugflotten betrifft. Ich habe häufiger in großräumigen Gelenkbussen allein oder mit drei, vier anderen Menschen gesessen. Digitaler, um räumlich-bedarfsgerecht mehr Menschen zu erreichen. Das sind natürlich Ideen auf dem Hintergrund meines Reiseprojekts.